Schwerhörig trotz Hörgerät

vom 17.04.2014, Autor: Hans-Georg Kimmerle

Selbst bei einer bestmöglichsten Hörgerateanpassung empfinden manche Hörgeräteträger Defizite in unterschiedlichen Hörsituationen. Dies möchte ich im folgenden genauer erläutern.

Trotz guten Korrektur des Tongehöres kann es nämlich trotzdem sein, daß bestimmte Frequenzbereiche nicht hörbar gemacht werden können. Das liegt zum einen an einem zu hohen Tonhörverlust des Gehöres oder an der zu geringen Bandbreite des Hörsystemes oder an technisch nicht produzierbarer Verstärkung. Oder an allen drei Möglichkeiten zusammen. Stellt sich die Frage was man nun unternehmen kann.  Die Antwort dazu ist ein technischer Trick, der in einigen modernen Hörsystemen umgesetzt werden kann: eine sogenannte Frequenzverlangerung oder Oktavierung.

Aus der Beobachtung beim Singen kommt es immer wieder vor, daß, vor allem bei Männern, eine zu hoch angesetze Stimmlage einfach eine Oktave niederer gesungen wird. Eigentlich fällt das kaum jemandem auf. Der große Vorteil ist jedoch, daß inhaltlich nichts verloren geht und musikalisch die Gesamtstimmung weitgehend erhalten bleibt.Genau darauf basiert dieser Trick im Hörsystem. Man transponiert den Frequenzbereich der nicht mehr hörbar ist in einem tieferen aber hörbaren Hörbereich. Diese Option kann entweder permanent oder nach Bedarf aktiviert werden. Natürlich bedarf es in den meisten Fällen einer Gewissen Gewöhnung an diese etwas veränderte Hörempfindung. Hierbei kann ein Hörtraining sehr hilfreich sein.

Zur Veranschaulichung hier noch ein paar Beispiele.

Der Ornitologe

Für einen Vogelkundler der mit Hörsystemen versorgt ist kommt diese Technik wie gerufen. Er nimmt die Vogelstimmen wieder wahr. Mit Hilfe der Frequenzverlagerung kann er jetzt wieder den Gesang hören und die Tiere erkennen und kategorisieren.

Der Kraftwagenfahrer

In vielen Autos gibt es eine Einparkhilfe die auf einer Abstandsmessung basiert. Über ein akustisches Signal wird dem Fahrer nun die Distanz zu Hinternissen akustisch angezeigt. Nunmehr kann im Hörsystem der erweiterte Frequenzgang aktiviert und die Funktion der Einparkhilfe genutzt werden.

Der Musiker

Musik hat den größten Frequenzumfang. Fehlt die obere Bandbreite, so hat das einen immensen Einfluß auf den Musikgenuß. Mit Hilfe der Oktavierung lassen sich nunmehr auch die hohen Frequenzen von Geigen, Flöten usw. in der Melodie mitverfolgen und den Genuß der „früheren“ Jahre wieder erzielen.

Die Zuhörer

Auch in der Situation, in denen ein Sprecher sich undeutlich und unartikuliert ausdrückt, beim angestrengten Hören eines Vortrages oder des Verstehens von Sprache aus größerer Entfernung kann die Hörbereichserweiterung verständlicherweise sehr hilfreich sein. Denn, wie erwähnt, läßt diese Funktion ja doch die hohen Frequenzbereiche, die für die insbesondere für die Sprachverständlichkeit verantwortlich ist, wieder hörbar werden.

 

Hans-Geog Kimmerle
Hörgeräte-Akustik-Meister aus Reutlingen
www.hoerakustik-kimmerle.de