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Der Unterschied zwischen Geräuschempfindlichkeit (Hyperakusis) und der Angst vor Geräuschen (Phonophobie)

vom 10.12.2014, Autor: Brigitte Seefeld

Als Hyperakusis wird eine abnorme Lautheitswahrnehmung aller Geräusche bezeichnet. 8% der Bevölkerung, das sind immerhin ca. 500.000 Menschen, haben diese Geräuschempfindlichkeit. Ebenso sind 30% derjenigen, die unter Tinnitus leiden, zusätzlich von einer Hyperakusis betroffen. Diese stellt dann meistens den größeren Leidensdruck dar. Experten gehen davon aus, dass die Geräuschempfindlichkeit zunimmt. Unsere Umwelt ist im Rahmen der Industrialisierung   und modernen Entwicklungen nicht nur lauter, sondern auch schneller geworden. Das wirkt sich negativ auf das Hörsystem aus. Auch Stress, gesteigerte Anforderungen an den Einzelnen und eine geräuschvolle Umwelt gehören dazu. Orte der Stille, an denen sich das Hörsystem erholen kann, gibt es nur wenige. Unsere Ohren sind 24 Stunden am Tag geöffnet, also auch nachts.

geraeuschempfindlichkeitWie kann man nun eine Geräuschempfindlichkeit feststellen? Bei der audiologischen Messung der Unbehaglichkeitsschwelle werden Werte <100dB über den gesamten Frequenzbereich ermittelt. Einige Frequenzen können stärker betroffen sein. Die Ursache dafür kann eine abnorm starke Reaktion in den Hörbahnen sein.

Als Reaktion auf die Geräusche kann es zu Schweißausbrüchen, Herzrasen und Angst kommen. In der Folge davon zieht sich der Betroffene oft aus dem sozialen Leben zurück, um die unangenehme Lautstärke zu vermeiden oder trägt sogar den ganzen Tag Gehörschutz.

Das ist jedoch das Verkehrteste was der Betroffene tun kann. Das oberste Prinzip heißt: Stille meiden! Wird unangemessen oft Gehörschutz getragen, deutet das Gehirn dies als Hörverlust und steigert die Verstärkung der äußeren Haarzellen und der zentralen neuronalen Schwellen. Die Empfindlichkeit des Systems wird gesteigert, was in der Folge eine noch stärkere Geräuschempfindlichkeit verursacht.

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Wodurch unterscheidet sich die Hyperakusis von der Phonophobie?

Als Phonophobie bezeichnet man die Angst vor bestimmten Geräuschen, auch wenn sie nicht besonders laut sind. Einige bekommen z. B. schon beim Gedanken an Quietschen von Kreide über eine Tafel, oder einem Kratzen vom Messer auf dem Teller, Gänsehaut.

Der Grund für eine Phonophobie können negative Erfahrungen sein. Ein großer Unterschied zur Hyperakusis ist, dass hier nicht die Lautstärke des Geräusches sondern allein die Art des Geräusches unangenehm ist. Jedes Geräusch wird emotional bewertet. Es kann also sein, dass andere Geräusche mit gleicher Lautstärke keine negative Reaktionen hervorrufen.

Als Reaktion auf die Geräusche können auch hier Herzrasen, Schweißausbrüche, Anstieg des Blutdrucks oder gar Schmerzen in den Ohren auftreten. Auch existieren oft Ängste, dass gewisse Geräusche einen Hörschaden verursachen können oder dass das Geräusch eine Zunahme der Symptome bewirkt.

Die Phonophobie gehört zu den Angststörungen und sollte entsprechend behandelt werden.

Oft vermischt sich die Hyperakusis mit der Phonophobie. Eine alleinige Messung der Unbehaglichkeitsschwelle ist für die Diagnose nicht ausreichend. Hier ist ein ausführliches Interview wichtig. In beiden Fällen hat sich jedoch die Anpassung von so genannten Noisern bewährt. Noiser geben ein in der Lautstärke einstellbares Rauschen von sich. Mit diesem Rauschen, das zu Anfang kaum hörbar eingestellt wird und im Laufe der Zeit gesteigert wird, kann die abnorme Verstärkung in den Hörbahnen reduziert werden. Durch das schrittweise Hinführen zur normalen Wahrnehmung von Geräuschen werden die oben beschriebenen Symptome reduziert oder ganz beseitigt. Die Noisertherapie ist eine aktive Therapie und erfordert die Mitarbeit des Betroffenen, ist aber sehr hilfreich.

Brigitte Seefeld
Hörgeräteakustik-Meisterin aus Bad Laer